Die Spieler des VfL Wolfsburg feierten den Einzug ins Viertelfinale der Champions League au
Die Wölfe agierten über Strecken passiv und leisteten den berühmten "Dienst nach Vorschrift". Erst spät ergriffen sie die Initiative und machten den Abend zu einem historischen.
"Das war heute ein ganz seltsames Spiel", resümierte Manager Klaus Allofs nach Abpfiff der Partie in der Champions League zwischen dem VfL Wolfsburg und der KAA Gent in die Sky-Mikrofone und fügte ungefragt an: "Wir haben so verhalten gespielt, dass wir gar nicht in unser Spiel gefunden haben." Der 59-Jährige schaute dabei merkwürdig bedrückt aus. Wer nur diese Szene zu Gesicht bekommen haben sollte, würde nicht vermuten, dass die Wölfe soeben durch einen 1:0 (0:0)-Erfolg einen der größten Erfolge in der Vereinsgeschichte perfekt gemacht hatten: den Einzug ins Viertelfinale der Champions League.
Ähnlich verhalten wie das Geschehen auf dem Rasen war auch die Stimmung im Stadion über weite Strecken. "Wer jetzt nicht kommt fehlt unentschuldigt", forderte die Wolfsburger Allgemeine Zeitung im Vorfeld der Partie die Anhänger auf. Um es vorweg zu nehmen: Es haben viele unentschuldigt gefehlt. Nur 23 457 Zuschauer säumten die Ränge der Volkswagen Arena. Manch neutraler Beobachter mag sich fragen, was bei den Niedersachsen noch passieren muss, bis die Zuschauer auch in Europas Beletage den Weg ins Stadion finden.
Dabei war die Ausgangslage alles andere als langweilig. In Gent kassierten 80 Minuten lang drückend überlegene Wölfe in den letzten 10 Minuten noch zwei Gegentore und verspielten so die Vorentscheidung leichtfertig. Doch genau diese Konstellation brachte das von Allofs beschriebene seltsame Spiel hervor. In der ersten Halbzeit reagierten beide Mannschaften überaus passiv. Kurzum könnte man sagen: Wolfsburg wollte nicht, Gent konnte nicht.
Der Plan war die Heimstärke
Den Hausherren war anzumerken, dass sie ihre Führung aus dem Hinspiel verteidigen wollten und durch eine solide Absicherung nach hinten darauf setzten, dass die Gäste aus Belgien keine ihrer gefürchteten Konter initiieren und schon gar keine zwei Tore erzielen würden.
"Wir haben viel hinten rum gespielt und uns wenig getraut", traf Wolfsburgs Offensivmann Andre Schürrle im Nachgang den Nagel auf den Kopf: "Aber wir wussten, dass Gent kommen muss. Wir wollten gut verteidigen und auf unsere Chancen lauern." In Wolfsburg war man schien man extrem sicher, dass dieser Plan aufgehen würde. Man baute sichtlich auf seine Heimstärke: In der ganzen Saison musste man bislang nämlich erst drei Niederlagen in den eigenen vier Wänden hinnehmen - zweimal davon gegen den deutschen Rekordmeister aus München.
Lange "Dienst nach Vorschrift"
Vieles sah gerade in den ersten 45 Minuten nach "Dienst nach Vorschrift" aus. In der Halbzeitpause muss Coach Dieter Hecking in der Kabine genau die richtigen Worte gefunden haben, denn nach dem Seitenwechsel schaltete seine Mannschaft einen Gang nach oben, legte die teils phlegmatische Spielführung ab und versuchte - die Zuschauer würden sagen endlich - auf das erste Tor zu gehen. In der 56. Minute hatte der brasilianische Mittelfeldarbeiter Luiz Gustavo die erste halbwegs brauchbare Chance den amtierenden DFB-Pokalsieger in Führung zu bringen, doch er scheiterte am Genter Schlussmann Mats Sels.
Heckings Umstellungen zahlen sich aus
Szenen, die auch dem Trainer nicht entgangen sind: "In der ersten Halbzeit hatten wir nicht den Zugriff aufs Spiel. Gent hat uns mit Diagonalbällen immer wieder geärgert. In der zweiten Halbzeit wurde es besser." Und so sah Dieter Hecking nur vier Minuten später die nächste gute Gelegenheit seiner Elf, die er im Gegensatz zum Hinspiel auf zwei Positionen verändert hatte. Sebastian Jung und Vieirinha mussten auf der Bank Platz nehmen, Weltmeister Schürrle, der sich zuletzt in aufsteigender Form befindet und Joshua Guilavogui durften von Anfang an ran. Der Ex-Londoner Schürrle nahm einen von Max Kruse vorgelegten Ball volley, bekam aber zu wenig Druck auf die Kugel, sodass der gegnerische Schlussmann noch parieren konnte. Auf jeden Fall bewies der Übungsleiter durch seine Wechselt erneut sein geschicktes Händchen in puncto Personalentscheidungen. " Guilavogui hat ein überragendes Spiel gemacht", sollte er nach der Partie bilanzieren.
Andre Schürrle schießt Wolfsburg gegen Gent ins Viertelfinale
Lange waren die Wölfe, mit dem Hinspiel-Ergebnis im Rücken, auf Sicherheit bedacht. Nach der Halbzeit drehen die Gastgeber dann auf und lassen Gent keine Chance. Die Analyse.
Im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gewann der VfL Wolfsburg mit 1:0 (0:0) gegen KAA Gent und steht somit erstmals in der Vereinsgeschichte im Viertelfinale der Königsklasse.
Vor 23.475 Zuschauern in der nicht ausverkauften Volkswagen-Arena in Wolfsburg steht der VfL mit dem Sieg und dem 3:2-Erfolg in Gent im Hinspiel zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte im Viertelfinale. Andre Schürrle erzielte den Treffer in der 74. Minuten.
Stimmen: "Wäre insgesamt mehr drin gewesen"
In 16 Duellen konnte ein belgisches Team in der Königsklasse somit noch nie gegen eine deutsche Mannschaft gewinnen. Die Wölfe haben nun die letzten vier Heimspiele in der Champions League gewonnen.
Das Viertelfinale wird am 18. März in Nyon ausgelost.
Der Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Im Vergleich zum 2:1 gegen Gladbach gibt es bei Wolfsburg nur eine Änderung. Träsch startet für Vieirinha (Bank). Hecking lässt wieder mit einer Raute im Mittelfeld spielen.
Im Vergleich zum 1:1 gegen Oud-Heverlee Leuven gibt es bei Gent zwei Änderungen. Für Foket (Bank) und Diedhiou (nicht im Kader) spielen Rafinha und Simon. Im Gegensatz zur Dreierkette aus dem Hinspiel, lässt Coach Vanhaezebruck dieses Mal sein Team mit Viererkette spielen.
13.: Träsch nimmt auf rechts Schürrle mit, der den Ball flach auf den Elfmeterpunkt spielt, wo Kruse die Kugel mit rechts annimmt und unter Druck sofort volley mit links abzieht. Der Schuss geht zwar deutlich rechts vorbei, trotzdem war das ein schön ausgespielter Angriff.
18.: Die Gäste leisten sich einen bitteren Fehlpass in der eigenen Hälfte. So kommt der Ball zu Kruse, der mit guter Übersicht halbrechts Guilavogui bedient. Der Franzose zieht aus 20 Metern sofort ab und zwingt Sels zur ersten richtig guten Parade des Abends.
56.: Jetzt fällt der Ball nach Ecke von links vor die Füße von Luiz Gustavo, der die Kugel aus fünf Metern und spitzem Winkel mit einem Linksschuss nicht an Sels vorbei bekommt. Trotzdem war das mal eine halbwegs brauchbare Torchance.
58.: Das hätte die Führung für die Gäste sein können: Kums schickt auf links den startenden Simon, der mal wieder Träsch stehen lässt und den Ball von der Grundlinie zurück legt auf den einlaufenden Milicevic, dessen Linksschuss aus sieben Metern links am Tor vorbei segelt.
60.: Träsch ist mit aufgerückt und schlägt eine gute Flanke von rechts auf den zweiten Pfosten, wo Kruse direkt ablegt auf den in Mittelstürmerposition lauernden Schürrle. Der Weltmeister nimmt den Ball volley, bekommt mit der rechten Innenseite aber nicht genug Druck auf die Kugel, sodass Nielsen vor der Linie klären kann.
70.: Der eingewechselte Coulibaly ist sofort im Spiel und kommt nach einem Anspiel von Saief aus halblinker Position im Strafraum durch die Beine von Träsch zum Abschluss. Doch Casteels steht gut und hält den Schuss sicher.
71.: Auf der anderen Seite hat Schürrle nach gutem Steilpass von Guilavogui zu viel Platz, zieht in den Strafraum und mit rechts ab. Gershon grätscht im letzten Moment dazwischen und fälscht den Schuss zur nächsten Ecke ab, die aber nichts einbringt.
75., 0:1, Schürrle: Träsch nimmt auf rechts Draxler mit, der an der Grundlinie seine individuelle Klasse ausspielt, Asare stehen lässt und den Ball mit viel Übersicht in den Rücken der Abwehr legt, wo Schürrle einläuft und aus sechs Metern unbedrängt ins leere Tor einschiebt.
Fazit: Anfangs hatten die Wölfe Mühe, doch insgesamt ein verdienter Sieg für den deutschen Vize-Meister. Gent fehlte letztlich die Qualität, um Wolfsburg tatsächlich noch zu gefährden.
Der Star des Spiels: Maximilian Arnold. War nach Heckings Umstellung wichtigster Mann im Wolfsburg-Spiel, weil er dem System Sicherheit gab. Ohne wirklich auffällige Szene in der Offensive, lief aber immer wieder wichtige Passwege zu und sorgte so dafür, dass die Wölfe Sicherheit gewannen.
Der Flop des Spiels: Akwasi Asare. Sah beim Gegentor gegen Draxler schlecht aus und wirkte auch sonst nicht immer auf der Höhe.
Der Schiedsrichter: Damir Skomina (Slowenien). Ließ anfangs viel laufen, fand erst später eine konsequentere Linie. Aber im Großen und Ganzen ein fehlerloser Auftritt.
Das fiel auf:
- Die Wölfe versuchten von Beginn an früh zu pressen. Draxler unterstütze Kruse und Schürrle dabei in der ersten Linie, doch Gent überspielte diese geschickt und hatte so ordentlich Platz im Mittelfeld, womit die Gastgeber zunächst unter Druck gerieten. Nach gut zehn Minuten reagierte Hecking und stellte gegen den Ball auf ein 4-2-3-1 um, wobei Arnold fast neben Kruse im Sturmzentrum agierte. Dadurch wurde das Wolfsburger Spiel aber stabiler.
- Auch Gent ging früh drauf, verteidigte aber insgesamt kompakter und stand von Beginn an stabiler. Man ließ Wolfsburg keine Räume, so dass Dante meist nur der weite Ball blieb, um Tiefe oder Tempo ins Spiel zu bringen. Das Problem: Dieser kam viel zu selten an.
- In der Offensive agierte Gent sehr variabel quasi ohne echten Stürmer. Milicevic und Simon ließen sich immer wieder auf die Außen fallen und machten das Spiel der Gäste somit sehr breit. Das hatte allerdings zur Folge, dass im Zentrum ein Abnehmer für die Flanken fehlte und Gent somit nur in Ansätzen gefährlich wurde.
- Erst gegen Ende der ersten Hälfte bekam der VfL Struktur in sein Spiel und agierte souveräner. Im zweiten Durchgang knöpfte Wolfsburg daran an und hielt die Gäste durch längere Ballbesitzpassagen in Schach. Einzig, der Zug nach vorne fehlte weiterhin. Oft zog man einem Querpass vor, anstatt einmal vertikal in die Spitze zu spielen.
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