United gewinnt mit 3:1 gegen Liverpool, die nur mit einer kurzen akzeptablen Phase glänzen können und ansonsten die altbekannten Probleme zeigen.
Die Reds starteten in Weiß und mit einem interessanten Defensivsystem. Nominell war es wohl ein 4-3-3 oder 4-1-4-1 mit Ings und Firmino auf den vorderen Außenbahnen neben Mittelstürmer Benteke. Dazu sollten Milner und Can neben Leiva im zentralen Mittelfeld für defensive Stabilität und Präsenz sorgen. Gleichzeitig rückten die beiden Achter immer wieder heraus, um Benteke im Pressing zu unterstützen und Manchester Uniteds Sechser unter Druck zu setzen.
Allerdings hatten sie oft keinen Zugriff, weswegen ihre Läufe ins Leere gingen. Darum ließ sich Milner auch häufig neben Lucas zurückfallen, wodurch eine Doppelsechs entstand. Mithilfe dieser Staffelung wollte Milner wohl das Zentrum etwas versperren, doch Liverpools schlechte Abstände zwischen Angriff und Mittelfeld, die geringe Ballorientierung und Intensität sowie die generell zurückhaltende Ausrichtung sorgten für eklatante Unterlegenheit.
Manchester United konnte den Ballbesitz in der ersten Hälfte nahezu monopolisieren. Zwar stand Liverpool in und um den Strafraum relativ stabil, doch dies lag auch an United. Van Gaals Mannschaft versucht häufig das Spiel lange Zeit ausgeglichen zu halten, den Gegner laufen zu lassen und nur nach sehr guten Abschlusschancen zu suchen. Vielfach konnte man in den letzten Monaten (auch schon zu Ende der vergangenen Saison) beobachten, dass es in Spielen von United auf beiden Seiten kaum Chancen gab, bevor United sich in der zweiten Halbzeit eine gute Möglichkeit herausspielen konnte.
Diese Partie begann ähnlich. Zur Halbzeit gab es nur drei Abschlüsse: Zwei von United, einen von Liverpool. Neben Liverpools mangelndem Zugriff auf den Ball und dem durchaus passablen Gegenpressing Uniteds lag dies jedoch auch an Liverpools Offensive.
Schwach im Konter, schwach im Spielaufbau
Bereits im Vorfeld des Spiels konnte man sich ohne Coutinho erwarten, dass Liverpools Kreativität und der Übergang ins zweite und auch ins letzte Spielfelddrittel problematisch sein würden. Doch neben den individuellen Problemen waren es auch taktische und strategische Aspekte, die für Liverpools geringe Offensivpräsenz sorgten.
Die Balleroberungen fanden wie erwähnt zu tief statt. Dadurch konnten sie Benteke für Ablagen kaum ins Spiel bringen, während die Flügelstürmer Ings und Firmino zu weit nach hinten gedrückt waren. Der verengte Raum im eigenen ersten Drittel vereinfachte United das Gegenpressing, dazu spielte United mit vielen Spielern als Absicherung.
Wenn Liverpool aus dieser sehr tiefen Position schnell umschaltete, wurden sie letztlich in Uniteds Überzahl isoliert und verloren den Ball meist kurz vor oder nach der Mittellinie. Wenn sie nicht schnell umschalteten, waren sie anfällig für Ballverluste oder mussten nach hinten spielen, wodurch sich United wieder gefahrlos in die Defensivformation bewegen konnte. Diese bespielte Liverpool schwach.
Manchester United formierte sich in einem 4-2-3-1/4-2-1-3/4-3-3 mit zahlreichen Mannorientierungen. Die Flügelstürmer orientierten sich an den Außenverteidigern, Fellaini an den Innenverteidigern, Herrera an Lucas und Schweinsteiger und Carrick an den gegnerischen Achtern. Allerdings orientierte sich Fellaini meist an dem linken Innenverteidiger Liverpools, während der linke Flügelstürmer, Herrera oder Schweinsteiger situativ auf den rechten herausrückten.
Diese vielen Mannorientierungen bespielte Liverpool ziemlich schlecht. Raumöffnende Bewegungen gab es zu selten, dazu war die Ballzirkulation häufig zu langsam, um mit Pässen die Manndeckungen zu überwinden und den freien Mann im gegnerischen Defensivverbund zu finden. Uniteds Spieler verfolgten ihre jeweiligen Gegenspieler häufig sogar sehr weit weg von den jeweiligen Positionen, ohne dafür bestraft zu werden.
Nur vereinzelt gab es ausweichende Läufe der Achter oder Positionswechsel mit den Flügelstürmern, die für geöffnete Räume sorgten. Ganz im Gegensatz dazu stand United in der ersten Halbzeit.
Van Gaals Positionsspiel beginnt zu greifen
Die Red Devils zeigten ein deutlich besseres Bewegungsspiel als ihre Gegner. Carrick und Schweinsteiger boten sich meistens vor den beiden Innenverteidigern an und besetzten die beiden defensiven Halbräume. Davor gab es eine leichte Asymmetrie, welche die Bewegungen Carricks und Schweinsteigers unterstützen sollte. Gelegentlich schob zum Beispiel einer der beiden nach vorne und im Bogen zur Seite, während der andere sich horizontal bewegte und anbot. Dadurch öffneten sie Raum füreinander und tauschten die Position, um die Angriffsstruktur nicht zu zerstören.
Desweiteren stand Mata häufig breiter als Depay und Darmian tiefer als Shaw. Das Ziel war, dass Shaw gut abgesichert nach vorne stoßen konnte, während Herrera halbrechts den Raum zwischen Fellaini und Mata besetzte. Herrera konnte sich dadurch halbrechts zurückfallen lassen, Schweinsteiger wiederum bewegte sich immer wieder auf halblinks nach vorne.
Aus der 2-1-Formation im Mittelfeld konnten dadurch flexibel 1-2-Staffelungen entstehen, wo Carrick im Zentrum das Spiel aufbaute. Diese wurde allerdings nicht rigide so gespielt; auch Darmian schob immer wieder nach vorne, insbesondere wenn vor oder nach Verlagerungen Mata einrückte und diagonale Pässe auf sich forderte. Depay auf links konnte sich auch breiter positionieren, in Dribblings gehen und von Shaw vorder- statt hinterlaufen werden.
Diese Variabilität sorgte für den hohen Ballbesitz und die Stabilität im Passspiel bei der Van-Gaal-Elf. Gelegentlich fehlte es im letzten Drittel an erfolgsstabilen Ideen oder schlichtweg an der mangelnden Bereitschaft riskante Situationen zu kreieren, wodurch sie bisweilen in der ersten Halbzeit steril und harmlos wirkten, doch wie zu Beginn bereits erwähnt ist dies bewusst ins System eingearbeitet.
Wenig Veränderung in zweiter Halbzeit trotz neuem Rhythmus
Zu Beginn des Artikels erwähnte ich, dass van Gaal mit seiner Mannschaft oftmals sehr trägen und extrem auf Stabilität bedachten Fußball spielen lässt, um dann schrittweise die Schlagzahl zu erhöhen. Nach der Halbzeitpause zeigte sich dies sehr gut; aus 2:1 Schüssen nach den ersten 45 Minuten gab es auf beiden Seiten fast jeweils zehn Schüsse zu Spielende.
United griff aggressiver an und Van Gaal brachte den frischen Young für den etwas glücklosen Depay. Später wurden noch Martial für Mata und Schneiderlin für Carrick, wodurch die Defensivstruktur noch stärker zu einem 4-3-3 wurde und die Flügelstürmer sich zwischen den Innen- und Außenverteidigern verschoben. Sie konnten dadurch flexibel einen der beiden pressen und den Druck erhöhen, bevor es später wieder stärker in Richtung 4-4-1-1 ging.
Das Spiel selbst änderte sich kaum. Durch den veränderten Rhythmus konnte Liverpool gelegentlich besser attackieren und umschalten, während United insgesamt etwas risikofreudiger wurde. Erst gegen Ende wurde Liverpool stark; Origi, Ibe und später noch Moreno (Can Sechser, Moreno als Halbspieler) sowie das deutlich aggressivere Offensivspiel und das defensivere Spiel Uniteds sorgten für mehr Präsenz Liverpools, die auch höher pressen begannen.
Wie schon im ersten Artikel unserer Serie zum Liverpool FC erwähnt, bereinigt ein hohes, intensives Pressing einige Probleme des Defensivspiels der Reds, was auch dieses Mal der Fall war. Zum Ausgleich sollte es trotz Bentekes Traumtor jedoch wegen Martials starkem Solo nicht reichen.
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