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Jagen den Rekord von Edin Dzeko und Grafite: Thomas Müller (l.) und Robert Lewandowski
Die beiden Stürmer des FC Bayern sind historisch gut. Von "blindem Verständnis", spricht Robert Lewandowski gegenüber Goal. Aber was steckt noch hinter der Erfolgsgeschichte?
Erfolgreiche Duos gab es viele - etwa Bud Spencer und Terence Hill. In Streifen wie "Zwei sind nicht zu bremsen" oder "Vier Fäuste für ein Halleluja" schlug das ungleiche Zweigespann seine Widersacher kurz und klein. Was die Schauspieler für das Film-Business waren, sind Thomas Müller und Robert Lewandowski aktuell für Deutschlands Beletage des Fußballs. Nur sind deren Fäuste ihre Füße.
40 Tore - oder, anders ausgedrückt: 69 Prozent aller Bundesliga-Treffer des FC Bayern - erzielten die beiden in der laufenden Saison. Kein Duo war zu diesem Zeitpunkt besser in 53 Jahren - nicht einmal Gerd Müller und Uli Hoeneß.
Doch was zeichnet "Müllerowski" eigentlich aus?
Zwei grundverschiedene Spielertypen
"Thomas und ich verstehen uns einfach sehr gut.", sagt Lewandowski im Interview mit Goal: "Wenn wir zusammenspielen, ist da so etwas wie blindes Verständnis."
Blindes Verständnis also, aber was heißt das konkret? "Thomas", erklärt Lewy, "weiß in jeder Sekunde, wo ich stehe, wie ich mich bewege. Genauso ist es umgekehrt. Wir kennen uns in- und auswendig, dadurch müssen wir auf dem Platz gar nicht miteinander sprechen."
Klingt gut. Und tatsächlich suchen sich die beiden Ausnahmekönner auffällig häufig, legen sich die Treffer gerne gegenseitig auf. Müller etwa bereitete in dieser Bundesliga-Saison fünf Tore vor, drei davon für Lewandowski. Auch in der Champions League und im DFB-Pokal legte er seinem Sturmpartner je einen Treffer auf. Lewandowski indes trat in der Bundesliga nur ein Mal als Assistgeber in Erscheinung - für, na klar, Müller.
Der deutsche und der polnische Nationalspieler, sie ergänzen sich prächtig. Das Zusammenspiel funktioniert so formidabel, weil beide von Grund auf verschiedene Spielertypen sind. Lewandowski, auch mitspielend und weit mehr als ein klassischer Mittelstürmer, unter dem Strich aber doch primär durch seine (Schuss-)Technik und physische Präsenz so schwierig zu verteidigen auf der einen und Müller, dank seiner unkonventionellen Spielweise als ständiger Unruhestifter kaum auszurechnen, auf der anderen Seite.
Während Lewandowski mit insbesondere für einen Stürmer herausragenden Fähigkeiten im Kombinationsspiel und Aktionen von chirurgischer Präzision überzeugt, ist es bei Müller das Konfuse, das ihn so stark macht. Seine scheinbar kontrollierten Stolperer und die ungelenk daherkommenden Bewegungen. Nimmermüde agiert er zwischen den Linien, wählt ungewöhnliche Laufwege und schafft so wertvolle Räume - auch für Lewandowski. Es mag teilweise bizarr aussehen, letztendlich sind seine Körper- und Ballkontrolle aber nahe der Perfektion, seine Aktionen maximal sachdienlich.
Raffiniert und effektiv
Man denke nur an Müllers Fallrückzieher gegen Darmstadt. "Was er macht", meinte Sportvorstand Matthias Sammer, "ist inhaltlich nicht immer zu beschreiben, es ist aber außergewöhnlich gut." Müsste man die Spielweise des Weltmeisters mit nur einem Wort beschreiben, raffiniert würde den Nagel auf den Kopf treffen.
Ferner offenbarten seine beiden Tore gegen Darmstadt eine weitere Qualität: Die Fähigkeit, ein Spiel aus dem Nichts zu entscheiden. In der ersten Halbzeit noch unauffällig, ja, sogar nahe dem Totalausfall, schoss Müller die Münchner im zweiten Durchgang mit seinem Doppelpack auf die Siegerstraße. Auch in Turin war er lange unsichtbar, dann aber zur Stelle. Wenn's drauf ankommt, dann müllert's.
In der laufenden Saison müllert's sogar besonders effektiv. Mit 17 Saisontoren hat der Oberbayer seinen bisherigen Bundesliga-Bestwert (13) schon nach 23 Spieltagen deutlich übertroffen.
Ein ausgeprägter Torriecher, der in eben dieser Effektivität mündet, eint die beiden Superstürmer. "Bei Thomas und mir ist vieles Instinkt", erklärt Lewandowski: "Das ist ganz wichtig, schließlich hat man im Fußball wenig Zeit, um nachzudenken. Du kannst dich nicht fragen: "Was mache ich jetzt mit dem Ball? Wo laufe ich hin?" Solche Entscheidungen resultieren aus Automatismen, die in bestimmten Situationen greifen."
In dieser Saison greifen sie so gut wie bei keinem Duo je zuvor. Noch 14 Tore benötigt Müllerowski, um den Bundesliga-Rekord von Grafite (28 Tore) und Edin Dzeko (26) zu knacken. Bei elf verbleibenden Spielen und 40 erzielten Treffern ist das Duo auf Kurs. Easy. Machen die beiden so weiter, schreiben sie Geschichte - wie Bud Spencer und Terence Hill, nur mit den Füßen.
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